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Initiative: Neue Kreise gründen

Viele Kreise sind in den letzten Jahren „in Rente“ gegangen, und weit und breit keine Gründungsinitiative in Sicht…. Brauchen die heutigen Eltern keine Selbsthilfegruppen mehr? Hat sich diese Form des Austauschs überlebt?

Ein bisschen war es wie das „Pfeifen im Walde“, dass wir in der ARWED an der Überzeugung festgehalten haben: es gibt sie, die betroffenen Eltern und Angehörigen. Und sie werden den Austausch untereinander ebenso als Entlastung, Stütze und Stärkung empfinden, wie wir das selbst erlebt haben! Und wenn der Prophet nicht mehr zum Berg kommt, dann muss eben der Berg zum Propheten kommen!

Die Vorstandsmitglieder Christiane und Kerstin, im letzten Jahr dann Christiane und Anja haben es ausprobiert: mit Unterstützung der örtlichen Suchthilfeeinrichtungen und Selbsthilfekontaktstellen haben wir in verschiedenen Kommunen ein Starttreffen für einen neuen „Gesprächskreises“ geplant. Festgelegt wurden Datum, Uhrzeit und ein Raum. Dann wurde im Vorfeld kräftig dafür Werbung gemacht (Plakate, Flyer, Presse). Die Eltern/ Angehörigen, die sich dann zum Starttreffen eingefunden haben, wurden angeleitet, sich selbst für weitere Treffen zu organisieren. Im letzten Jahr kam dann noch eine zündende Idee von Helmut, unseren Selbsthilfeaktiven des Elternkreises Köln II: „alte Kreise“ übernehmen die Patenschaft von „neuen Kreisen“. So haben die Kölner jetzt die Patenschaft für die Kreise in Bonn und Leverkusen übernommen und unterstützen diese. Aus diesem Vorgehen – von der Planung bis hin zur Gründung und Begleitung – sind seit Beginn der Initiative 5 neue Kreise entstanden.

Auf Beschluss des Strategietags unserer Kreise im November, soll die Gründung neuer Kreise nach diesem Vorgehen TOP-Prio-Thema 2020 sein und auf weitere Kommunen in NRW übertragen werden.

„Den Funken der Selbsthilfe vor Ort zu bringen“, bindet zwar fast alle zeitlichen Ressourcen, die wir als ehrenamtliche Vorstände haben – aber ein Landesverband macht nur Sinn, wenn er ein Zusammenschluss von lebendigen Eltern- und Angehörigenkreisen ist! Vor Ort schlägt das Herz der Selbsthilfe! Es ist eine wunderbare Erfahrung für uns, wenn wir beim Starttreffen erleben, wie froh die Eltern und Angehörigen sind, nun endlich nicht mehr mit allem alleine dazustehen.

Ein Mutter des neuen Kreises in Essen berichtet vom Start ihres Elternkreises:

„Das erste Treffen war sehr gut besucht. Schnell hatte sich eine feste Gruppe zusammengefunden. Es war sofort Vertrauen, Harmonie, Ehrlichkeit und Offenheit im Kreis zu spüren. Obwohl die Teilnehmer so verschieden sind, fügt sich alles durch unser gemeinsames Schicksal zusammen. Jeder bekommt in der Gruppe die Zeit, die er braucht, um sich seine Nöte und Ängste von der Seele zu reden. Wir hören zu und profitieren vom Weg des anderen. Als entlastend empfinden wir auch, dass wir uns alles erzählen können, ohne – wie so oft schon erlebt – sinnlose und teilweise verletzende Ratschläge zu bekommen. Wir wissen alle zu gut, was in den anderen Müttern und Vätern vorgeht. Wir wissen alle, dass jede Tochter und jeder Sohn, aus allen Schichten dieser Gesellschaft, ein/e  „Betroffene/r“ werden kann, aus jeder Mutter und jedem Vater ein  hilfesuchende/r Angehörige/r. Ich wünsche mir, dass dieses Wissen irgendwann auch mal in der Gesellschaft ankommt, damit wir als Eltern/ Angehörige und Betroffene nicht mehr stigmatisiert werden.

Auch die Suchhilfeeinrichtungen vor Ort begrüßen die Gründung neuer Kreise sehr und agieren gerne als Partner, sowohl bei der Gründung als auch später bei der Begleitung der Kreise.

Im Kreis Warendorf, wo ebenfalls eine Gruppe gegründet wurde, meldeten die Mitglieder des dortigen Arbeitskreises Sucht einhellig zurück, dass die Selbsthilfe aus ihrer Erfahrung eine wichtige Ergänzung zur professionellen Hilfe ist:

„Ratschläge untereinander können oft besser angenommen werden, als die der Profis. Der Austausch in der Gruppe findet auf Augenhöhe statt. Erfahrungen können miteinander abgeglichen werden. Aus der Verbundenheit im Kreis entstehen Freundschaften, die für die Eltern/ Angehörigen ebenfalls sehr stützend wirken.“

Unsere neuen Kreise trifft die Corona-Krise wegen der Kontaktsperre besonders hart, sind hier doch noch überwiegend Eltern und Angehörige mit sehr akuten Sorgenkindern und dementensprechend hohem Austauschbedarf. Aber wir wären nicht in der Selbsthilfe, wenn unsere neu engagierten Eltern und Angehörigen auch in dieser Phase ideenreich versuchen den Kontakt untereinander zu halten! Wir drücken unseren neuen Kreisen aber auch uns allen die Daumen, dass wir bald wieder in den persönlichen Austausch zurückkommen dürfen.